Wer im Gesundheitswesen arbeitet, kennt es: Hohe Verantwortung, ständige Anforderungen, emotionale Belastungen und wenig Zeit für die eigene Regeneration. Gerade Pflegende, Ärztinnen und Therapeuten geben täglich viel – körperlich wie emotional. Doch wer anderen hilft, vergisst dabei oft, gut für sich selbst zu sorgen.
Eine einfache und wissenschaftlich fundierte Methode, um langfristig gesund und ausgeglichen zu bleiben, ist das Journaling – das bewusste, regelmäßige Schreiben über Gedanken, Erlebnisse und Gefühle.
Schreiben entlastet
Über 2000 psychologische und medizinische Studien belegen: Das Schreiben über belastende oder bedeutende Erfahrungen wirkt stressreduzierend und gesundheitsfördernd. Der US-amerikanische Psychologe James W. Pennebaker, einer der Pioniere auf diesem Gebiet, zeigte bereits in den 1980er Jahren, dass Menschen, die regelmäßig über ihre Gefühle schreiben,
- niedrigere Stresswerte aufweisen,
- besseren Schlaf finden,
- seltener krank werden und
- emotional stabiler sind.
Beim Schreiben werden Stresshormone wie Cortisol nachweislich reduziert. Gleichzeitig fördert das Journaling die Aktivierung bestimmter Hirnareale, die mit Selbstreflexion und emotionaler Verarbeitung in Verbindung stehen. Das führt dazu, dass Erlebnisse innerlich besser „einsortiert“ werden – ein wichtiger Schritt, um psychische Belastungen abzubauen.
Warum Schreiben gerade für Gesundheitsberufe hilfreich ist
Menschen in medizinischen und pflegerischen Berufen sind täglich mit starken Emotionen, komplexen Situationen und oft auch mit Leid und Tod konfrontiert. Diese Erlebnisse wirken – bewusst oder unbewusst – nach. Wenn sie nicht verarbeitet werden, kann sich über die Zeit chronischer Stress entwickeln, der zu Erschöpfung, Schlafproblemen oder Burnout führen kann.
Journaling bietet hier einen geschützten Raum, um Erlebtes zu reflektieren – ohne Bewertung und ohne Druck. Durch das Schreiben können Fachkräfte:
- Emotionale Distanz gewinnen: Gedanken und Gefühle werden auf Papier ausgelagert und damit greifbarer.
- Innere Klarheit schaffen: Regelmäßiges Schreiben hilft, Prioritäten zu erkennen und Handlungsspielräume zu sehen.
- Selbstmitgefühl entwickeln: Wer schreibt, begegnet sich selbst mit mehr Verständnis – ein wichtiger Schutzfaktor gegen Überlastung.
- Sinn und Motivation bewahren: Besonders in fordernden Berufsfeldern hilft Journaling, sich an die eigene berufliche Haltung und Werte zu erinnern.
So kann Schreiben zu einem zentralen Element der psychischen Selbstfürsorge werden – ganz ohne großen Zeitaufwand.
Wie Sie mit dem Journaling beginnen können
Für den Einstieg genügen bereits 10 Minuten täglich. Wichtig ist weniger das „Wie“, sondern das regelmäßige Dranbleiben.
Einige einfache Ansätze:
- Freies Schreiben: Setzen Sie sich einen Timer auf 10 Minuten und schreiben Sie, was Ihnen in den Sinn kommt – ohne Bewertung oder Korrektur.
- Reflexionsfragen:
- Was hat mich heute besonders beschäftigt oder berührt?
- Wo habe ich mich heute stark gefühlt – und warum?
- Was möchte ich loslassen, bevor ich in den Feierabend gehe?
- Dankbarkeitstagebuch: Notieren Sie täglich drei Dinge, für die Sie dankbar sind. Das fördert positive Emotionen und stärkt die Resilienz.
Selbst kurze Schreibphasen können eine deutliche Wirkung zeigen – ähnlich wie eine mentale Pause, die hilft, Abstand zu gewinnen und neue Kraft zu schöpfen.
Schreiben als Gesundheitskompetenz
Journaling ist kein Luxus, sondern eine einfache, kostengünstige und wirkungsvolle Methode der Selbstfürsorge – gerade für Menschen, die täglich für andere da sind. Es kann helfen, emotionale Belastungen besser zu verarbeiten, das Stressniveau zu senken und langfristig die eigene Gesundheit zu schützen.
Wer regelmäßig schreibt, investiert nicht nur in sein psychisches Wohlbefinden, sondern stärkt auch die eigene professionelle Haltung und Präsenz im Berufsalltag.
Denn wer sich selbst gut führt, kann auch andere gut begleiten.

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